Eine neues Digitalisierungsprojekt soll Informationen zu altersgerechtem Wohnen und Unterstützung bei Pflegebedarf besser zugänglich machen. Das Bundesinnenministerium wählte das Modellprojekt, bei dem die Universität Siegen und die Stadt Netphen kooperieren, aus rund 100 Bewerbungen für eine Förderung aus.
Mit Unterstützung der Universität Siegen geht die Stadt Netphen in Sachen Digitalisierung weiter voran. Im Bereich Wohnen, Pflege und Gesundheit wird ein Online-Netzwerk aufgebaut, das interessierten Bürgerinnen und Bürgern schnellen und strukturierten Zugriff auf Fachberater und Unterstützungshilfen bietet. Basis für das Digitalisierungsprojekt unter dem Titel „LOKAL-digital-Smartes Wissensmanagement für Wohnen, Pflege und Gesundheit“ ist die Förderinitiative Heimat 2.0. Diese Initiative ist Teil eines Förderprogramms des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat. Netphen ist eine von zwölf Modellregionen, die für die dreijährige Förderung mit 345.000 Euro ausgewählt wurden.
Die Stadt hat sich vorgenommen, die Arbeitsbereiche in der Kommunalverwaltung, die für Menschen mit Pflegebedarf, aber auch für die Sozialwirtschaft, das Bauhandwerk und die Wohnungswirtschaft relevant sind, durch den Aufbau eines Wissensmanagementsystems digital weiterzuentwickeln. Die fachliche und wissenschaftliche Expertise kommt von Prof. Madjid Fathi vom Lehrstuhl für Wissensbasierte Systeme und Wissensmanagement an der Universität Siegen. „Wir freuen uns, dass wir in Netphen ein Modell aufbauen können, das auf andere Bereiche und auf andere Regionen übertragbar sein kann“, betont Prof. Fathi. „Die Präsenz des Fachbereichs Informatik in der Region ist für Universität überaus wichtig, und wir hoffen mit diesem Projekt auch eine Perspektive für Schülerinnen und Schüler an unserer Universität aufzuzeigen.“
Mit dem Vorhaben in Netphen sollen vor allem SeniorInnen, deren Angehörige, sowie Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf erreicht werden. Denn wenn zum Beispiel in der Familie ein Pflegefall eintritt, stellen sich plötzlich eine Vielzahl von Fragen. Wo gibt es Beratung? Wo gibt es Fördermöglichkeiten? Wo stellt man einen Antrag? Wo findet man Handwerker für Umbaumaßnahmen? Ein Online-Netzwerk, wo Bürgerinnen und Bürger unabhängig von Ort und Zeit schnell und übersichtlich Informationen, Formulare und Hilfestellungen finden, bietet die Möglichkeit, selbstständig ein auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmtes Paket zu schnüren. Und die Beschäftigten der Stadtverwaltung erhalten mit dem Wissensmanagementsystem ein digitales Werkzeug an die Hand, das bei Beratungen und Antragsverfahren entlastet.
Dazu werden u.a. die bislang vorwiegend analog vorliegenden Informationsmaterialien und Formulare von Hilfs- und Beratungsangeboten der Pflege oder zur technischen Wohnraumunterstützung digitalisiert und zum Abruf oder der direkten Bearbeitung bereitgestellt. Johannes Zenkert, wissenschaftlicher Mitarbeiter in dem Projekt, betont, dass man mit dem Wissensmanagementsystem bestehende Strukturen unterstützen, aber nicht ersetzen will. Vielmehr würden die Digitalkompetenzen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung gefördert. „Und gleichzeitig ist es wichtig, dass die Beschäftigten ihr Wissen und ihre Erfahrung in das System mit einbringen“, so Zenkert.
Damit das Projekt später auf andere Städte oder Kommunen übertragbar ist, wird mit einem „Baukasten-Prinzip“ gearbeitet. Pflegebedürftige, deren Angehörige, aber auch MitarbeiterInnen von Einrichtungen der Wohlfahrt und der Sozialwirtschaft, speziell von ambulanten Pflegediensten sowie der Sozialdienste von Pflegeheimen und Krankenhäusern bekommen Zugang zu der Wissensdatenbank, um auf digitalisierte Informationen und die Expertise der Pflegeberatung zugreifen zu können. Gleiches gilt für Unternehmen der Wohnungswirtschaft und des Bauhandwerks, die über die Wissensdatenbank Informationen über technische Wohnraumunterstützung inklusive entsprechender Fördermaßnahmen erhalten.
Handwerker sollen beispielsweise erfahren, wo sie sich fortbilden können, um von den Krankenkassen als ‚zertifizierte Wohnraumberater‘ anerkannt zu werden, damit von den Krankenkassen Zuschüsse für Umbaumaßnahmen fließen können. Ambulante Pflegedienste sollen sich über die Wissensplattform untereinander und mit ÄrztInnen, ApothekerInnen, Sanitätshäusern, LogopädInnen, ErgotherapeutInnen fachlich über Behandlungsangebote austauschen können. „Auch über den Einsatz digitaler Technologien wie Sensormatten, e-Rezept, Telemedizin“, erläutert Zenkert. Ehrenamtliche Dienste wie Einkaufshilfen und Besuchsdienste sind ebenfalls Teil des Netzwerks.
„Das Wissensportal ist smart und agil, also offen für Neuerungen und Veränderungen“, betont Prof. Fathi. „Nur wenn wir den Prozess lernfähig gestalten, bleibt das System für die Nutzerinnen und Nutzer eine wichtige Unterstützung und kann helfen, dass Menschen aller Altersgruppen möglichst lange und selbstbestimmt zu Hause wohnen bleiben können“.
LOKAL-digital
Smartes Wissensmanagement für Wohnen, Pflege und Gesundheit
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